Beim Thema Transfer von Wissenschaft in die Wirtschaft sind andere Länder Deutschland voraus. Dies zeigt eine Auswertung internationaler Ranking-Daten durch das CHE Centrum für Hochschulentwicklung im Rahmen der Reihe DUZ Spotlight in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift DUZ. Bei neun Transfer-Indikatoren von OECD-Mitgliedern ist Deutschland in keinem Bereich unter den Top 3. Das Beispiel Japan zeigt, dass staatliche Transferagenturen wie die DATI zu einem erfolgreichen Wissenschaftstransfer beitragen können.
Deutschland im OECD-Vergleich bei keinem Transfer-Indikator unter den Top 3
Auch wenn Deutschland nach wie vor als führende Wirtschaftsnation und durchaus auch als innovationsstark gesehen wird, findet man das Land in den internationalen Innovationsrankings gerade noch unter den besten 10. Im Global Innovation Index 2022 erreichte Deutschland Platz 8, im European Innovation Scoreboard EIS 2022 Platz 9.
Eine Analyse des CHE Centrum für Hochschulentwicklung bestätigt nun diesen Trend. Für ein Themendossier der Reihe DUZ Spotlight hat Isabel Roessler die Ergebnisse von 1.545 Hochschulen aus dem internationalen Hochschulranking U-Multirank berücksichtigt. Hierbei wertete sie die Ergebnisse für neun Indikatoren aus, an denen sich erfolgreiche Transferaktivitäten ablesen lassen. Zu diesen neun Indikatoren gehören etwa Drittmittel von privaten Geldgebern, die Anzahl von Patenten im Verhältnis zur Studierendenzahl oder neu gegründete Unternehmen von Absolvent*innen der Hochschule.
Im Rahmen der Analyse wurde aufgrund der Hochschuldaten u.a. ausgewertet, bei wie vielen der Transfer-Indikatoren ein Land unter den Top 3 ist. Führend ist hier Israel mit zwei Top-1- und zwei Top-3-Platzierungen, gefolgt von Japan und den USA. Deutschland dagegen ist bei keinem der neun Transfer-Indikatoren in den Top 3 vertreten.
Japan im Ländervergleich mit besonders positiven Ergebnissen
Bei den Durchschnittswerten der OECD-Länder für die genannten Indikatoren liegt Deutschland nur drei- von neunmal über dem Durchschnitt. Zusätzlich wurde nach überdurchschnittlichen Ergebnissen für die Mehrheit der Hochschulen im Land ausgewertet, um zu sehen, inwieweit einzelne herausragende Universitäten das Ergebnis des Landes verzerren.
Neben Israel, der Schweiz, den USA, Kanada, Frankreich, Belgien oder Korea sticht besonders Japan bei der Auswertung des CHE heraus. Im Gegensatz zu Deutschland, wo gerade erst die Gründung einer Deutschen Agentur für Transfer und Innovation, kurz DATI, in Angriff genommen wird, blicken die beiden Förderagenturen in Japan auf eine langjährige Geschichte zurück. Hinzu kommt ein vergleichsweise hohes finanzielles Fördervolumen. Allein das Budget der Japan Science and Technology Agency (JST) umfasst für 2023 umgerechnet etwa 1,4 Milliarden Euro. Der Großteil des Budgets fließt in die Förderprogramme der JST.
Staatliche Transferagenturen können einen wichtigen Beitrag leisten
„Das Beispiel Japan, sowie auch die anderen überdurchschnittlich erfolgreichen Länder, zeigt, dass staatliche nationale Transferagenturen ihren Teil zu einem erfolgreichen Wissenschaftstransfer aus Hochschulen beitragen können, aber nicht müssen“, so die Expertin für Third Mission beim CHE. „In Japan profitieren die Hochschulen des gesamten Landes von finanzstarker Förderung mit vielen Fördermöglichkeiten für Wissenschafts-Wirtschaftskooperationen plus dem perspektivischen Ausbau der Förderung geistes- und sozialwissenschaftlicher Forschung“, so Roessler.
Im Hinblick auf die Pläne der Bundesregierung für die Gründung einer Deutschen Agentur für Transfer und Innovation, kurz DATI, sollte deshalb laut Roessler der Fokus auf einem breiten Themenfeld, einer ausreichenden Finanzierung sowie einer langfristigen Konzeptionierung liegen, die jenseits künftiger Regierungskoalitionen auch Bestand hat.
Im Gegensatz zu bereits bestehenden Agenturen soll die DATI allen offen stehen: von Hochschulen für angewandte Wissenschaften über Universitäten hin zu außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Unternehmen vom Start-up bis zum Großkonzern, Stiftungen, Vereinen und Verbänden. Mittlerweile ist DATIpilot gestartet, eine Art Reallabor für die eigentliche DATI.
Der Schwerpunkt zum Thema ist am 17. November im Rahmen der Ausgabe 11/2023 der DUZ erschienen und wurde von Isabel Roessler und Gero Federkeil erstellt. Das Dossier „Transferstrukturen – Die Rolle von nationalen Agenturen beim Transfer aus Hochschulen“ ist die 13. Ausgabe des gemeinsam von CHE und DUZ entwickelten Formats „DUZ Spotlight – Gute Praxis international“, das in loser Folge in der DUZ und auf www.che.de veröffentlicht wird.
Bereits erschienen sind Spotlight-Dossiers zum österreichischen Modell der lebensbegleitenden Matrikelnummer (Ausgabe 09/2017), dem britischen Professional Doctorate (01/2018), dem niederländischen Lehrführerschein (08/18), der Transfergemeinschaft nach Schweizer Vorbild (12/2018), der Etablierung wissenschaftlicher Weiterbildungszertifikate in der Schweiz (11/2019), Instructional Designern im Hochschulbetrieb (02/2020), Lernräumen der Zukunft (08/2020), zu Sozialen Innovationen vom Campus (11/2020), zur Gewinnung internationaler Promovierender (06/2021), zu gerechten Regelungen beim Hochschulzugang (09/21), zu internationalen Medizinstudiengängen in Südosteuropa (02/22),zu innovativen Ausbildungsmodellen im Bereich Informatik (11/22), zur Akademisierung der Therapieberufe (2/23) sowie zum Thema Studienabbruch (08/23). Alle Publikationen sind hier online abrufbar.
Transferstrukturen – Die Rolle von nationalen Agenturen beim Transfer aus Hochschulen 17. November 2023 1.15 MB 6595 downloads
Roessler, Isabel; Federkeil; Gero: DUZ Spotlight - Gute Praxis International: Transferstrukturen...
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