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Die Regierungsfraktionen im Thüringer Landtag legen einen Gesetzesentwurf vor, der ein eigenständiges Promotionsrecht für Fachhochschulen bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaften, kurz HAW, vorsieht. Das CHE Centrum für Hochschulentwicklung sieht darin eine notwendige Entwicklung, warnt aber vor einer einseitigen Orientierung an Universitäts-Standards und rät zu HAW-Spezifika bei der Ausgestaltung. Dies erläutert das CHE in einer Stellungnahme für den Wissenschaftsausschuss des Thüringer Landtags.

Nur rund ein Prozent aller Personen in Deutschland, die aktuell an einer Doktorarbeit schreiben, promovieren unter Beteiligung oder Federführung einer Hochschule für angewandte Wissenschaften. Mittlerweile haben aber immer mehr Bundesländer neue Regelungen geschaffen, die HAW ein eigenständiges Promotionsrecht ermöglichen.

Das CHE bestärkt in einer schriftlichen Stellungnahme für den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft des Thüringer Landtags die Regierungsfraktionen von Die Linke, SPD und Bündnis 90 / Die Grünen in ihrer Absicht, den HAW des Landes ein selektives eigenständiges Promotionsrecht zu ermöglichen. Grundlage ist ein Gesetzesentwurf zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes (Drucksache 7/9864).

Die im geltenden Thüringer Hochschulrecht derzeit noch vorgesehene Beschränkung auf kooperative Promotionen von HAW mit einer Universität sei laut CHE den Hochschulen nicht mehr vermittelbar. Ein solches Kooperationsmodell enthalte laut CHE gravierende Mängel: So könnten etwa in klassischen HAW-Fächern wie Soziale Arbeit keine Promotionen durchgeführt werden, weil das Fächerpendant an den Universitäten fehle.

Die allgemeine Entwicklung sei klar: „Kein Bundesland wird es sich dauerhaft leisten können, seinen HAW die eigenständige Betreuung einer Promotion zu verwehren, die Entwicklung ist nicht aufzuhalten“, prognostiziert Ulrich Müller. „Das Wissenschaftssystem hat sich in den letzten 15-20 Jahren dahingehend verändert, dass Forschung in vielen HAW gut verankert ist und einige HAW in bestimmten Bereichen sehr forschungsstark sind“, so der Leiter politische Analysen beim CHE.

Das eigenständige Promotionsrecht für Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollte sich aber nicht durchgehend und 1:1 an universitären Standards orientieren. „Transfer, Anwendungsbezug, regionale Verankerung und Durchlässigkeit im Bildungssystem sind nur ein paar der Kernelemente von HAW. Diese spezifischen Stärken sollten sich auch in HAW-Promotionsansätzen und -verfahren niederschlagen. Eine eigenständiges Promotionsrecht bietet auch die Chance, professoralen HAW-Nachwuchs aus den eigenen Reihen zu gewinnen, gerade in den Fächern, die es an Universitäten nicht gibt“, merkt Ulrich Müller an.

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Stellungnahme des CHE zu HAW-Promotionen in Thüringen 24. Mai 2024 234.90 KB 358 downloads

Müller, Ulrich; Roessler, Isabel: Stellungnahme des CHE zum Gesetzesentwurf zur...

 

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Ulrich Müller

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