1 Einleitung

Die Covid-19-Pandemie und deren vergleichsweise gute Bewältigung in Deutschland zeigte auf eindrucksvolle Weise das Potenzial einer gewinnbringenden Verflechtung von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Die Pandemie als gesamtgesellschaftliche Herausforderung wurde vom Wissenschaftssystem in Form von Studien aufgegriffen. Die Studienergebnisse und bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden der Politik und der Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Daraus folgten Handlungsmöglichkeiten und Handlungsnotwendigkeiten. Die Wissenschaftskommunikation erlebte in diesem Zusammenhang eine Sternstunde. Podcasts von Virologen wurden zum Tagesprogramm, das Vertrauen in die Wissenschaft wuchs.

Wissenschaftskommunikation stellte sich während der Pandemie als ein wichtiger Bestandteil von Wissenstransfer aus den Hochschulen in die Gesellschaft dar. Damit erfüllten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen wichtigen Beitrag zur Mission der Hochschulen. Denn Wissenstransfer gehört zur sogenannten Dritten Mission oder auch Third Mission von Hochschulen, die mittlerweile neben die beiden Kernmissionen Lehre und Forschung getreten ist.

Wie Wissenstransfer und Third Mission zusammenhängen, erläutern wir in diesem Beitrag. Wir geben einen Einblick in den Begriff und die Geschichte der Third Mission und stellen insbesondere das Projekt FIFTH vor, in dessen Rahmen wir ein Messmodell für Third Mission und angewandte Forschung erarbeitet haben.

2 Nur Wissenstransfer oder schon Third Mission?

2.1 Einführung in den Begriff

In den vergangenen Jahren gab es einen Wandel in der deutschen Hochschulwelt: Neben die beiden ursprünglichen Kernmissionen Lehre und Forschung trat eine weitere Mission, die schlicht „Dritte Mission“ oder „Third Mission“ genannt wird.

Die Third Mission erweitert jedoch nicht nur das Aufgabenspektrum der Hochschulen, sondern setzt bisherige Aufgaben in einen neuen Kontext. Unter anderem wurde durch diesen Wandel auch der Begriff des Wissens- und Technologietransfers verändert.

Im Hochschulrahmengesetz war die Förderung des Wissens- und Technologietransfers schon seit längerem eine fest verankerte Aufgabe der Hochschulen (§2 HRG, Satz 7). Bevor die Third Mission Einzug in die Hochschulen hielt, wurde Transfer jedoch vor allem unidirektional verstanden: aus den Hochschulen heraus, hinein in die Gesellschaft, Wirtschaft oder Politik. Heute wird die außerhochschulische Umwelt hingegen nicht mehr nur als bloßer Empfänger des Wissens- und Technologietransfers gesehen. Im Gegenteil. Es wird erkannt, dass die Hochschulwelt und die Gesellschaft eine wechselseitige Austauschbeziehung eingehen sollten, um gewinnbringenden Transfer zu ermöglichen.

Third Mission ist nicht einfach ein neuer Begriff für Transfer. Vielmehr umfasst die Dritte Mission alle Tätigkeiten, die zu einer Verflechtung der Hochschule mit ihrer außerhochschulischen Umwelt beitragen. Dabei muss bedacht werden, dass die unter Third Mission gefassten Tätigkeiten eng mit den beiden Kernmissionen Lehre und Forschung verwoben sind (Roessler et al., 2015, S. 4). Neben Wissens- und Technologietransfer gehören vor allem Weiterbildung und gesellschaftliches Engagement dazu (E3M-Project, 2012, S. 8ff.). Dies lässt sich noch detaillierter herunterbrechen, beispielsweise in gesellschaftliches und regionales Engagement, community based learning oder auch Themen wie Soziale Innovationen (Hachmeister et al., 2016a, S. 9 ff.).

2.2 Bedeutungszuwachs von Third Mission durch gesellschaftliche Forderungen

Zu einer gestiegenen Bedeutung von Third Mission trugen in den vergangenen Jahren in Deutschland wie auch in anderen Ländern verschiedene Faktoren bei. Dazu gehören die seit Jahren steigenden Studierendenzahlen, abnehmende finanzielle Möglichkeiten der öffentlichen Haushalte und nicht zuletzt die Entwicklung der Gesellschaft zur Wissensgesellschaft: Wissenschaftliche Erkenntnisse werden als immer relevanter für die Wirtschaft und Gesellschaft angesehen. Der Anteil derjenigen, die in ihrem Leben einmal eine Hochschule besuchen, wird auch in Zukunft auf einem sehr hohen Niveau bleiben (von Stuckrad et al., 2017, S. 10). Als Folge wächst das Interesse der ehemaligen, derzeitigen und zukünftigen Studierenden an dem, was in den Hochschulen passiert.

Die Gesellschaft stellt in der Entwicklung von Third Mission folglich einen Dreh- und Angelpunkt dar. Sie möchte erfahren, was in den von ihr finanzierten Hochschulen stattfindet, möchte informiert werden, partizipieren und sich einbringen.

Gleichzeitig fördert die Politik den Bedeutungszuwachs von Third Mission. Sei es die Europäische Kommission, die bereits seit Jahren auf das Wissensdreieck verweist, wonach Hochschulen durch die Verbindung von Bildung, Forschung und Innovation einen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum leisten (Europäische Kommission, 2014). Oder auf nationaler Ebene die Bundesregierung, die seit 2018 mit dem 500-Mio.-EUR Paket der Förderlinie „Innovative Hochschule“ den rekursiven Ideen-, Wissens- und Technologietransfer in den Blick nimmt. Hochschulen sollen ihr Wissen für hochschulexterne Partner*innen aus der Wirtschaft und für die Gesellschaft verfügbar machen und ihrerseits Ideen ihrer Partner*innen aufnehmen (BMBF, 2016).

Mit der Forderung nach rekursivem, also wechselseitigem, Transfer geht die Bundesregierung einen deutlichen Schritt in Richtung eines Transferverständnisses im Sinne der Third Mission. Third Mission geht von einem direkten Austausch zwischen Hochschulen und Hochschulexternen und von wechselseitiger Interaktion aus (Roessler et al., 2015, S. 4).

2.3 Geschichte der Third Mission

Was zumindest in Deutschland politisch als Neuerung der letzten sieben bis acht Jahre erscheint und gerade in jüngster Vergangenheit aufgrund gesellschaftlicher Nachfrage an Bedeutung gewann, ist in Wahrheit kein gänzlich neuer Aufgabenbereich der Hochschulen. Vielmehr gibt der Begriff Third Mission nun solchen Tätigkeiten, Aufgaben und Leistungen einen Namen, die Hochschulen neben Lehre und Forschung bereits seit vielen Jahren erfolgreich durchführen.

Spätestens seit den 1980er Jahren wird in der internationalen Hochschulcommunity eine Diskussion um die Dritte Mission der Hochschulen geführt. Dabei gehen die theoretischen Ansätze auf die eher ökonomisch geprägten Konzepte der Entrepreneurial University (Clark, 1998), Triple Helix (Etzkowitz & Leydesdorff, 2000) und Mode 2 (Gibbons et al., 1994) zurück. Ihnen allen gemein ist, dass sich Hochschulen zunehmend in einer kooperativen Austauschbeziehung mit der Gesellschaft – in den genannten Konzepten primär mit der Wirtschaft – wiederfinden. In den nachfolgenden Jahren schlossen die Interaktionen und die Kontakte mit der Gesellschaft zunehmend weitere Gruppen mit ein (Benneworth et al., 2009).

Third Mission gilt nunmehr als ein Sammelbegriff für alle gesellschaftsbezogenen Hochschulaktivitäten, in denen die Beachtung gesellschaftlicher Trends und Bedürfnisse zum Ausdruck kommt, inklusive sozialen und zivilgesellschaftlichen Engagements. Im Third Mission-Begriff werden damit all die Ansprüche reflektiert, die von der Hochschule fordern, eine sichtbarere und stärkere Rolle in der Gestaltung moderner Wissensgesellschaften zu spielen.

Trotz der langen Geschichte der Third Mission gibt es bis heute keine allgemeingültige Definition. Das Konzept erfährt stets eine regionalspezifische Anpassung. Welche Funktionen zur Third Mission gehören, variiert von Land zu Land und von Kontext zu Kontext (Goräson et al., 2009. S. 157). Sogar zwischen Hochschulen wird auf Unterschiede verwiesen: „Each country – and each university – finds its own solutions.“ (E3M-Project, 2012, S. 18).

3 Das FIFTH-Modell der Third Mission

Für Deutschland haben wir im gemeinnützigen CHE Centrum für Hochschulentwicklung ein Third Mission-Konzept entwickelt. Es ermöglicht den Hochschulen, ihr eigenes Verständnis von Third Mission zu konkretisieren, es ihren Bedürfnissen anzupassen und den Umfang des eigenen Engagements in der Dritten Mission bei Bedarf auch durch ein geprüftes Indikatorenset zu messen. Das Konzept wurde im BMBF-geförderten Projekt „FIFTH – Facetten von und Indikatoren für angewandte Forschung und Third Mission an Hochschulen für angewandte Wissenschaften“ erarbeitet (s. auch www.che.de/third-mission).

Ganz im Sinne der Wechselseitigkeit fasst Third Mission nach unserer Definition

„…als begriffliche „Dachmarke“ Leistungen zusammen, die zu einer gewinnbringenden Verflechtung der Hochschule mit ihrer außerhochschulischen Umwelt durch wechselseitige Interaktionen im Bereich von Transfer und Humankapital führen. Third Mission sind die Leistungen (Aktivitäten, Resultate und daraus entstehende Folgen) von Hochschulen, die unmittelbar in die Gesellschaft und Wirtschaft hineinwirken sowie Strömungen aus der Wirtschaft und Gesellschaft, die ihrerseits in die Hochschulen hinein wirken“ (Roessler et al., 2015, S. 39).

3.1 Das Projekt

Das FIFTH-Projekt wurde zwischen 2013 und 2016 gefördert (BMBF-Förderkennzeichen 01PY13007). Wir fokussierten uns auf die Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW), da die HAW ein eigenes, von den Universitäten abgegrenztes Aufgabenprofil haben und nur wenige Erkenntnisse zu deren Besonderheiten vorlagen. Der Schwerpunkt der HAW liegt traditionell in der Lehre. Zunehmend rücken aber auch die Forschung und damit in Beziehung stehende Third Mission-Aktivitäten in ihren Tätigkeitsbereich. Nicht jede Hochschule kann jedoch alle Aufgaben aus diesem breiten Aufgabenspektrum gleichermaßen abdecken. Da die Rahmenbedingungen der Hochschulen außerdem je nach Standort variieren, ist eine stärkere Profilierung notwendig. An diesem Punkt setzte FIFTH an.

Während des dreijährigen Forschungsprojektes wurden Facetten angewandter Forschung und forschungsbezogener Third Mission an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften herausgearbeitet. Darauf basierend wurde ein Katalog von Indikatoren und Kennzahlen zur Messung dieser Facetten entwickelt und getestet. Damit sollte Defiziten bei der hochschultypadäquaten Messung von Leistungen der HAW entgegengewirkt werden.

Das Spektrum der Indikatoren ermöglicht es darüber hinaus, die jeweiligen Profile der HAW transparent zu machen.

Insgesamt umfasste das Projekt vier Teilschritte:

  1. 1.

    Umfangreiche Analyse des Themas durch Literaturanalyse, quantitative Befragungen unter Professorinnen und Professoren, Hochschulleitungen und Transferstellen sowie Interviews mit Expertinnen und Experten.

  2. 2.

    Entwicklungsphase, in der geeignete Indikatoren angewandter Forschung und Third Mission herausgearbeitet wurden. Methodisch wurde hier unter anderem ein Experten-Delphi eingesetzt.

  3. 3.

    In einem anschließenden Praxistest an Hochschulen sowie an Fachbereichen im Bereich Maschinenbau und Elektrotechnik wurde das entwickelte Indikatorenset auf Datenverfügbarkeit und Nutzbarkeit überprüft.

  4. 4.

    Ergänzend zu den inhaltlichen Arbeiten wurde durchgängig auf Kommunikation der (Zwischen-)Ergebnisse gesetzt.

3.2 Third Mission als Prozess

Bei der Betrachtung und Messung der Third Mission ist unserer Ansicht nach ein ganzheitlicher Ansatz sinnvoll. Insbesondere dann, wenn die Ergebnisse der Messung nicht nur Dokumentationszwecken, sondern auch der Organisationsentwicklung dienen sollen. Dann reicht es nicht aus, lediglich auf die Aktivitäten, wie ein Kooperationsprojekt mit einem Wirtschaftsunternehmen, zu schauen. Vielmehr ist es notwendig, den gesamten Third Mission-Prozess mit seinen vier Prozessschritten in den Blick zu nehmen: Notwendige Vorbedingungen, durchgeführte Aktivitäten, sich daraus ergebende Resultate und sich eventuell daraus entwickelnde Folgen (siehe Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

(Eigene Darstellung)

Prozessschritte von Third Mission.

Nur wenn alle vier Prozessschritte in den Blick genommen werden, können Ansatzpunkte für Verbesserungen gefunden werden. Vorbedingungen können optimiert und dadurch mehr Aktivitäten gestartet werden. Aus den Aktivitäten können mehr Resultate erzielt und längerfristige Folgen nachgehalten werden.

Zu den Vorbedingungen, ohne die Aktivitäten nicht möglich sind, gehören eingesetztes Personal und Sachmittel, Strukturen, Strategien und auch „Beziehungskapital“, z. B. in Form von Vernetzung mit außerhochschulischen Akteur*innen.

Unter Aktivitäten findet sich in dem Modell vereinfacht gesagt alles, was im Third Mission-Kontext passiert. Darunter die Durchführung eines Forschungsprojektes gemeinsam mit einem externen Partner. An dieser Stelle ist es unerheblich, ob es sich dabei um ein Unternehmen oder einen Wohlfahrtsverband handelt.

Die unmittelbar aus den Third Mission-Aktivitäten entstehenden Ergebnisse fassen wir unter Resultate zusammen. Dazu gehören Publikationen oder Patente, aber auch Formen der Wissenschaftskommunikation, wie Vorträge oder Pressemeldungen.

Unter der Rubrik Folgen nehmen wir die Dinge in den Blick, die mit den veröffentlichten Ergebnissen passieren, oder die sich daraus ergeben. Das können zum einen Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft sein, zum anderen aber auch Nutzen für die Hochschulen: stärkere Anerkennung innerhalb und außerhalb der Wissenschaft, dauerhafte Kooperationsbeziehungen oder rückfließende Mittel, beispielsweise aus der Verwertung von Schutzrechten. Die letztgenannten Punkte erhöhen wiederum die Fähigkeit zur Anbahnung neuer Projekte, tragen also ihrerseits zu den Vorbedingungen bei.

3.3 Facetten und Indikatoren für Third Mission

Für jeden der oben genannten Prozessschritte identifizierten wir Elemente von Third Mission oder Forschung und fassten diese anschließend thematisch zu so genannten Facetten zusammen. Die Existenz einer Transferstelle war beispielsweise ein Element, das der Facette „Strukturen für Forschung und Third Mission“ im Prozessschritt Vorbedingungen zugeordnet wurde.

Grundlage für die Identifikation der Elemente und deren Zuordnung zu Facetten waren frühere Forschungsarbeiten, insbesondere die Vorarbeiten des E3M-Projektes auf europäischer Ebene (E3M-Project, 2012), Interviews mit in Forschung und Third Mission aktiven Professorinnen und Professoren, Hochschulleitungen und Transferstellen sowie Diskussionen und Delphi-Runden mit einem Expert*innenarbeitskreis.

Für jede Facette entwickelten wir im weiteren Verlauf des Projektes Indikatoren, mit denen die einzelnen Facetten messbar gemacht werden können und definierten die für die Bildung der Indikatoren notwendigen Daten. Der im Projekt entwickelte Indikatorenkatalog umfasst insgesamt über 100 Indikatoren (Hachmeister et al., 2016).

Die entwickelte Indikatorik wurde auch einem Praxistest unterzogen und auf Hochschulebene und Fachbereichsebene auf Nutzbarkeit hin überprüft. Es zeigte sich, dass zum damaligen Zeitpunkt nur wenige Indikatoren mit geringem Aufwand erhoben werden konnten (Hachmeister & Roessler, 2016; Hachmeister et al., 2016a, b).

Wir konnten jedoch im Nachhinein beobachten, dass im Zuge der Einführung der Förderlinie „Innovative Hochschule“ viele Hochschulen den Indikatorenkatalog nutzten, um ihre Transferaktivitäten bzw. das Erreichen der Ziele ihrer Transferstrategie zu belegen.

3.4 Wissenstransfer als Teil der Third Mission

Der Wissens- und Technologietransfer ist auf zweierlei Weise im FIFTH-Modell repräsentiert. Zum einen existiert die Facette „Wissen- und Technologietransfer“. Sie besteht aus den Elementen

  • Parallele Beschäftigung von Personal innerhalb und außerhalb der Hochschule (cross-employment),

  • außerhochschulisches Engagement der Professor*innen,

  • Transfer über Alumni sowie

  • Aktivitäten im Kontext von Gründungen/Entrepreneurship.

Es handelt sich dabei um Elemente, die ausschließlich mit Wissens- und Technologietransfer zu tun haben.

Zum anderen ist der Wissens- und Technologietransfer implizit auch in vielen weiteren Facetten mit enthalten. Die nachfolgende Abbildung zeigt, aus welchen Facetten Indikatoren auch für die Darstellung des Wissenstransfers genutzt werden können. Facetten ohne Bezug zum Wissenstransfer sind ausgegraut (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

(Eigene Darstellung)

Facetten rund um den Wissenstransfer.

Für eine Darstellung, wie eine Hochschule im Wissenstransfer aufgestellt ist, können fast alle Indikatoren aus dem Bereich der Vorbedingungen genutzt werden:

  • Durchgeführte Projekte pro Professor*in zum Nachweis der Erfahrung der Professor*innen, Vorhandensein von Beratungsangeboten und Veranstaltungen zu Themen wie Transfer, Gründung oder Projektabwicklung

  • Angaben zu Steuerungsinstrumenten, wie ein Verzeichnis vorhandener Forschungs- und Third Mission Schwerpunkte der Professor*innen

  • Anzahl strategischer Partnerschaften mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen als Indikator für das Ausmaß der zentralen außerhochschulischen Vernetzung.

Als Indikatoren für Wissenstransfer-Aktivitäten können neben Angaben zur Anzahl durchgeführter Veranstaltungen, inkl. Angaben zur Teilnehmendenanzahl, zu Citizen-Science Projekten oder zu Social Media Posts, in denen konkret Wissen vermittelt wird, auch Messgrößen verwendet werden, wie

  • Angaben dazu, wie viele Professor*innen parallel zu ihrer Anstellung in der Hochschule noch einer anderen Anstellung außerhalb der Hochschule nachgehen (cross-employment)

  • Anteil der Professor*innen, die in außerhochschulischen Arbeitskreisen und Fachverbänden aktiv sind

  • Anzahl Seminare (Pflichtseminare sowie freiwillige Angebote) auf Hochschulebene zum Thema Entrepreneurship inkl. Angaben zu Teilnehmendenzahlen

  • Anzahl durchgeführter Gründungs- oder Ideenwettbewerbe.

Mit Hilfe von Indikatoren aus dem Bereich der Resultate ist es möglich, einen Eindruck vom Erfolg dieser Aktivitäten zu vermitteln. Insbesondere bieten sich Indikatoren an, die einen Beleg der Breite der Kommunikation ermöglichen:

  • Verhältnis von öffentlichen Vorträgen zu wissenschaftlichen Vorträgen

  • Anzahl der Spin-offs in den vergangenen fünf Jahren

  • Anteil von Veröffentlichungen in Kooperation mit einem außerhochschulischen Partner

  • Anteil der Beiträge in Massenmedien (Zeitung, Zeitschriften, Rundfunk, Fernsehen) gemeinsam mit außerhochschulischen Partner*innen.

Wissenstransfer kann unterschiedliche Folgen nach sich ziehen. Im Bereich der Folgen wird eine konkrete Zuordnung zum Wissenstransfer jedoch schwierig. Eindeutig ist dies nur bei Folgen wie Kommunikationspreisen, die besonders gute Wissenschaftskommunikation auszeichnen.

Klar ist jedoch: Wissenstransfer zieht in hohem Maße Folgen nach sich. Beispielsweise kann er zur nachhaltigen Aufrechterhaltung von Kooperationen mit externen Partner*innen führen, indem über die Kooperationen berichtet wird. Berichterstattung steigert auch die außerhochschulische Anerkennung, da Externe von den Aktivitäten der Hochschulmitglieder erfahren. Dies könnte sich in neuen Projekten mit Wirtschaftspartner*innen oder Partner*innen aus der Zivilgesellschaft niederschlagen. Im günstigsten Fall kommt es unter anderem durch einen aktiv durchgeführten Wissenstransfer zu Innovationen, sei es in der Wirtschaft oder in der Gesellschaft in Form Sozialer Innovationen (Zu sozialen Innovationen aus Hochschulen s. Roessler et al., 2020).

Damit schließt sich der (Facetten-)Kreis, denn die finanziellen Mittel, Innovationen und neue Kontakte verbessern wiederum die Vorbedingungen für weitere Transfer- bzw. Third Mission-Aktivitäten.

Beispiel: Erläuterung des Wissenstransfers im Sinne der Third Mission anhand der Bewältigung der Covid-19-Pandemies

Anhand der Geschehnisse insbesondere zu Beginn der Covid-19 Pandemie lässt sich der Prozess des Wissenstransfers im Sinne der Third Mission anschaulich erläutern.

In der ersten Jahreshälfte 2020 konnten Hochschulmitglieder, wie auch die Bevölkerung sehen, wozu Wissenstransfer in der Lage ist. Wissenstransfer wurde ein Schlagwort, mit dem sich spätestens zu dem Zeitpunkt der Corona-Pandemie alle Hochschulen intensiv auseinandersetzen.

Eine Studie des Stifterverbandes belegt anschaulich den Bedeutungszuwachs von Wissenstransfer in der Hochschularbeit: Zwischen Januar und Mai 2020 verschickten die deutschen Hochschulen rund 1430 Pressemeldungen mit Covid-19 Bezug über den Informationsdienst Wissenschaft. Die meisten Meldungen, nämlich 27,7 %, bezogen sich auf Aktivitäten im Forschungs- und Wissenstransfer (Krume et al., 2020, S. 3). In den Pressetexten wurde beispielsweise auf erfolgte praktische Hilfe von Studierenden oder den Ingenieurwissenschaften verwiesen oder auch auf Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen oder der Kommune (Krume et al., 2020, S. 6 ff.).

Im Sinne der oben dargestellten Prozesskette von Vorbedingungen, Aktivitäten, Resultaten und Folgen sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Hochschulen, die zu relevanten Themen forschen, eine Vorbedingung. Führen sie wechselseitige Aktivitäten mit außerhochschulischen Partner*innen, beispielsweise Kommunen, durch, betreiben sie Wissenstransfer und damit eine Aktivität. Die Pressemeldung stellt ein Resultat dar. Durch die Meldung kommt es zu Folgen wie dem Abstandhalten als eine soziale Innovation.

Das Beispiel macht deutlich, weshalb es wichtig ist, alle notwendigen Prozessschritte zu betrachten, welche Bedeutung Wissenstransfer in die Gesellschaft hat und wozu Wissenstransfer führen kann. Erfolgreicher Wissenstransfer hat das Potenzial zu weitreichenden Veränderungen. Es lohnt also, sich im Wissenstransfer zu engagieren. Die Corona-Pandemie hat dem Wissenstransfer aus der Wissenschaft in die Bevölkerung zudem einen deutlichen Aufschwung beschert: Seit 2014 erhebt die gemeinsame Organisation der deutschen Wissenschaft für Wissenschaftskommunikation jährlich die öffentliche Meinung gegenüber Wissenschaft und Forschung in Deutschland. 2020 wurde im April mit dem Corona-Spezial (Wissenschaft im Dialog, 2020) die Bedeutung unter diesem besonderen Einfluss hervorgehoben.

Covid-19 führte dazu, dass das generelle Vertrauen in Wissenschaft und Forschung deutlich stieg. Gaben 2019 nur neun Prozent der Befragten an, voll und ganz in Wissenschaft und Forschung zu vertrauen, lag der Wert im April 2020 mit 36 % deutlich darüber. Bezogen auf Corona vertrauen die Befragten dabei besonders stark Aussagen von Ärztinnen und Ärzten und medizinischem Personal (79 %), aber auch Wissenschaftler*innen (71 %) (Wissenschaft im Dialog, 2020, S. 6).

Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießen, bietet dies den Hochschulen gute Voraussetzungen, das Thema Wissenstransfer weiterzutragen.

3.5 Methoden von Wissenstransfer

Den Wissenschaftler*innen stehen dabei viele Möglichkeiten offen, Wissenstransfer durchzuführen.

Wird von Wissenstransfer in die Gesellschaft gesprochen, muss nach unidirektionalem und bidirektionalem – oder auch wechselseitigem – Wissenstransfer unterschieden werden. Gerade in Zeiten von Corona überwogen die unidirektionalen Transfermaßnahmen. Das Wissen findet seinen Weg nur in eine Richtung: Aus der Wissenschaft in die Bevölkerung.

Dem unidirektionalen Wissenstransfer kam während der Covid-19 Pandemie eine wichtige Bedeutung zu. Zu den unidirektionalen Transfermaßnahmen gehören vor allem die klassischen Transferformate. Um die breite Öffentlichkeit zu erreichen, sind vor allem Zeitungsartikel, Interviews im Radio oder Fernsehen oder auch Podcasts geeignet.

Damit der Wissenstransfer wechselseitig stattfindet, also auch Anregungen, Fragen und Ideen aus der Bevölkerung aufgenommen werden können und so Einzug in die Wissenschaft und Forschung finden, sind andere Formen notwendig. Zu Covid-19 Zeiten waren Zwischenstufen ebenfalls weit verbreitet. Sie ermöglichen zumindest grundsätzlich einen Austausch. Hierzu gehört beispielsweise die Nutzung von Social Media Kanälen.

Bewährte wechselseitige Formate hingegen sind schwierig umzusetzen, wenn ein Kontaktverbot besteht und wenn nur kleine Gruppen von Menschen zusammenkommen dürfen. Bekannte Veranstaltungsformate wie die „Lange Nacht der Wissenschaft“, in der Forscherinnen und Forscher öffentliche Vorträge halten, Unternehmensfrühstücke oder Kamingespräche mit zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen mussten entfallen.

Eine Besonderheit des wechselseitigen Austausches stellen Citizen-Science Projekte dar. In diesen Projekten wird die Bevölkerung aufgerufen, sich aktiv an einer Forschungsfrage zu beteiligen. Die Covid-19 Pandemie brachte eine ganze Reihe nationaler und internationaler Citizen-Science Projekte hervor. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten wissen, wie Corona das Leben verändert.

Unter dem Titel „Gemeinsam gegen das Virus“ listet die Webseite von „Bürger schaffen Wissen“ Citizen-Science Projekte mit Coronabezug auf. Die Bandbreite reicht dabei von der Sammlung von Erfahrungen im Homeoffice über Nachhaltigkeitslogbücher bis hin zu Forschungen zu Veränderungen im Essverhalten. In jedem Projekt steht der Bürger im Mittelpunkt. Er bringt seine eigenen Erfahrungen und Entdeckungen in diese Forschungsprojekte ein und kann teilweise auch Themen setzen.

Die Folgen dieses Wissenstransfers in die Gesellschaft sind bekannt: Aufgrund der Erkenntnisse aus der Wissenschaft gehörte im Jahr 2020 das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes in der Öffentlichkeit zum alltäglichen Bild. Die Wissenschaftler*innen haben in ihrer Forschung herausgefunden, dass dies eine erfolgreiche Maßnahme zur Eindämmung des Coronavirus ist. In den Medien wurde breit darüber berichtet. In Diskussionsrunden, auf Onlineplattformen und in den Sozialen Netzen kamen die Wissenschaftler*innen persönlich zu Wort und konnten ihre Erkenntnisse transferieren. Die Soziale Innovation des geänderten Umgangs miteinander ist eine Folge dieses Wissenstransfers.

Ohne das geeignete Personal und seine Fähigkeit, Informationen adäquat nach außen zu vermitteln, wäre jedoch weder der Transfer noch die Folge erfolgreich verlaufen. Es ist also notwendig, immer den Gesamtprozess zu betrachten und insbesondere im Hochschulkontext nicht nur auf eine Aktivität allein abzuzielen.

4 Fördermaßnahmen und Herausforderungen für Third Mission

Im Rahmen des Projektes wurden auch Hemmnisse und mögliche Fördermaßnahmen für Third Mission an Hochschulen für angewandte Wissenschaften untersucht. Auch wenn es dabei um Third Mission insgesamt ging, gehen wir davon aus, dass die Ergebnisse weitgehend auch direkt auf den Wissenstransfer übertragbar sind, da der Wissenstransfer in unserem Modell der Third Mission einen großen Raum einnimmt. Die enge Verbindung von Wissenstransfer und Third Mission zeigt sich auch in der BMBF Ausschreibung zur Innovativen Hochschule. Zwar wird hierin die Begrifflichkeit Third Mission verwendet, jedoch werden primär Transferaktivitäten gefördert. Auch dürften viele Hochschulangehörige Third Mission und Transfer stark gedanklich miteinander verbinden.

Da wir bei der Betrachtung von Hemmnissen und Fördermaßnahmen auf den gesamten Third Mission-Prozess innerhalb des Hochschulsystems schauen, haben wir Herausforderungen auf der „Abnehmerseite“ oder bei der Interaktion der Akteure nicht beleuchtet.

Zur Identifikation möglicher Hemmnisse und Fördermaßnahmen wurden im Rahmen von explorativen Interviews mit 20 Professorinnen und Professoren sowie zwölf Mitgliedern von Hochschulleitungen verschiedene hemmende und fördernde Aspekte herausgearbeitet und zu Faktoren zusammengefasst. In einem zweiten Schritt wurden diese Faktoren Hochschulleitungen, Forschungs- und Technologiereferent*innen sowie Professor*innen zur Bewertung vorgelegt.

Die Befragten sollten die Wirkung der Faktoren auf einer vierstufigen Skala von „sehr hemmend bzw. sehr förderlich“ bis „gar nicht hemmend / gar nicht förderlich“ einschätzen. In der Befragung der Professor*innen wurde nur nach den Hemmnissen, nicht nach den Fördermöglichkeiten gefragt. An den Untersuchungen beteiligten sich 78 Hochschulleiterinnen und -leiter, 59 Forschungs- und Technologiereferent*innen sowie 242 Professor*innen (Hachmeister et al., 2015, S. 7 f.).

4.1 Hemmnisse

Als hemmende Faktoren wurden identifiziert: Persönliche Faktoren der Professor*innen, fehlende zeitliche Ressourcen der Professor*innen, mangelnde Sachausstattung, fehlendes sonstiges Personal, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung geeigneten Personals für Third Mission, Verwaltung nicht optimal aufgestellt, fehlende Fördermöglichkeiten und Probleme mit Drittmittelgebern.

Hochschulleitungen, Referent*innen und Professor*innen schätzten einzelne Faktoren ganz unterschiedlich ein. Besonders auffällig waren die Unterschiede bezüglich der persönlichen Faktoren der Professorinnen und Professoren. Darunter fassten wir beispielsweise geringes Interesse oder fehlende Qualifikation. Wie zu erwarten, sahen nur 13,9 % der Professor*innen hierin einen hemmenden Faktor. Unter den Hochschulleitungen sagten jedoch 59,7 %, dass sie in persönlichen Faktoren der Professorinnen und Professoren ein Hemmnis sähen und unter den Forschungs- und Technologiereferent*innen gaben sogar 90,6 % persönliche Faktoren als hemmend an. Fehlende zeitliche Ressourcen der Professorinnen und Professoren (an HAW) wurden hingegen von allen drei Gruppen als ähnlich hemmend wahrgenommen. 96,2 % der Hochschulleitungen gingen davon aus, dass dieser Faktor Third Mission hemmt. Unter den Referent*innen waren 88,7 % und unter den Professor*innen 88,8 % derselben Ansicht (Hachmeister et al., 2015, S. 17).

Fehlende zeitliche Ressourcen sind ein stark HAW-spezifisches Problem, da die Professor*innen an Hochschulen für angewandte Wissenschaften ein hohes Lehrdeputat haben und auch praktisch auf kein haushaltsfinanziertes sonstiges Personal zurückgreifen können. Sie sind also noch stärker als ihre Kolleginnen und Kollegen von Universitäten auf Drittmittel angewiesen, um sich weitere personelle Ressourcen, zum Beispiel Ersatz für ihre eigene Lehrtätigkeit in Form von drittmittelfinanzierten Lehraufträgen, erschließen zu können. Dies ist wiederum die Voraussetzung, um sich in Forschungs- und Entwicklungs-, bzw. Third Mission-Projekten engagieren zu können, die die Grundlage für den Wissenstransfer schaffen.

Gleichzeitig waren sich die Hochschulleitungen, Forschungs- und Technologiereferent*innen und Professor*innen einig, dass „Fehlende Fördermöglichkeiten“, wie fehlende Förderlinien, zu geringe Bewilligungsquoten oder dass potenzielle Auftraggeber kein Geld haben, sehr wesentliche hemmende Faktoren sind. Wissen, das wegen mangelnder Ressourcen erst gar nicht hergestellt werden kann, kann später auch nicht transferiert werden.

4.2 Fördermöglichkeiten

Persönliche Faktoren, die auf mangelndes Interesse oder mangelnde Erfahrung zurückgehen, können Hochschulleitungen nicht direkt beeinflussen. Was an Hochschulen jedoch geschaffen werden kann, sind geeignete Organisationsstrukturen: Wissenschaftler*innen können beispielsweise in ihrem Transferengagement unterstützt werden oder ihnen können Mittel an die Hand gegeben werden, wie Wissenstransfer gelingt.

Demzufolge teilten wir die identifizierten förderlichen Faktoren in vier Bereiche ein:

  • erstens „weiche“ Faktoren, wie eine hochschulweite Third Mission-Strategie, eine „Kultur des Ermöglichens“ oder die Erwartungshaltung der Hochschulleitung gegenüber Professor*innen sich in Third Mission zu engagieren;

  • zweitens strukturelle Faktoren wie zentrale Service- oder Forschungsstrukturen oder strategische Kooperationen mit externen Partnern;

  • drittens die interne Ressourcenallokation in Form von Deputatsermäßigungen, Bereitstellung von Räumen und Ausstattung, Bereitstellung von Mitteln für die (Anschub-)Finanzierung von Third Mission-Projekten und die Berücksichtigung der Leistungen hinsichtlich der Third Mission in der W-Besoldung;

  • viertens die Verbesserung der Fördermöglichkeiten durch Drittmittelgeber wie Bund, Land, EU oder private Mittelgeber.

In unserer Befragung sahen die Hochschulleiter*innen vor allem folgende Faktoren als „sehr förderlich“ bzw. „förderlich“ an: Zunächst eine „Kultur des Ermöglichens“. Damit ist gemeint, dass die Hochschulleitung eine Haltung einnimmt, immer nach Wegen zu suchen, Wünsche von Professor*innen zur Durchführung von Third Mission-Projekten auch möglich zu machen. Sie wird von 94,7 % der Befragten als (sehr) förderlich eingeschätzt. Gleichauf liegt die Einschätzung der Wichtigkeit zentraler Strukturen für Third Mission, wie zum Beispiel Zentralinstitute oder Institute für angewandte Forschung. Auch hier geben 94,7 % der Befragten an, dass dies ein förderlicher Faktor sei. Rund 93 % der Hochschulleitungen geben zudem an, dass zentrale Services zur Förderung. wie beispielsweise Transferstellen, sehr förderlich oder förderlich für Third Mission wären (Hachmeister et al., 2015, S. 24). Für Wissenstransfer in die Gesellschaft ist davon auszugehen, dass dieselben Faktoren bedeutend sein dürften.

Die Forschungs- und Transferreferent*innen haben teilweise einen anderen Blick darauf, was förderlich wäre. Sie sehen eine Kultur des Ermöglichens für Third Mission sogar als noch relevanter an als die Hochschulleitungen (96,0 %). Zentrale Services bewerten sie ähnlich (92,2 %), wohingegen sie zentrale Strukturen nur zu 89,1 % als sehr förderlich oder förderlich einschätzen. Besonders häufig schätzen sie es zudem als förderlich oder sehr förderlich ein, wenn Third Mission im Leitbild oder einer zentralen Strategie der Hochschule verankert ist: 95,8 % der Forschungs- und Technologietransferreferent*innen sehen diese Maßnahme als förderlich, aber nur 82,9 % der Hochschulleitungen (Hachmeister et al., 2015, S. 24).

Der Punkt „verbesserte Fördermöglichkeiten“ wurde lediglich den Hochschulleitungen zur Bewertung vorgelegt. Diese sahen hier in erster Linie Bund und Länder in der Pflicht: Rund 95 % der Befragten hielten verbesserte Fördermöglichkeiten durch diese beiden Geldgeber für (sehr) förderlich für Third Mission. Geld und damit „erkaufte“ Zeit sind – neben einer Organisation, die gute Rahmenbedingungen für den Einsatz dieser Ressourcen bietet – die wesentlichen Faktoren, um sich in Third Mission und damit auch im Wissenstransfer engagieren zu können.

5 Fazit und Empfehlungen

In unserem Beitrag haben wir den Stellenwert des Wissenstransfers im Kontext der Dritten Mission der Hochschulen neben den beiden Missionen Lehre und Forschung dargelegt. Third Mission umfasst ein ganzes Bündel von Aufgaben. Ihnen ist gemein, dass sie zu einer Verflechtung zwischen Hochschule und Gesellschaft führen. Der uni- und bidirektionale, wechselseitige Transfer ist dabei einer der Kernbestandteile der Third Mission, der sich in vielen Facetten zeigt. Mit dem im Projekt FIFTH erarbeiteten Modell von Facetten und Indikatoren liegt ein speziell für den deutschen Kontext erarbeitetes (Mess-)modell vor, das Hochschulen zur Beschreibung und Quantifizierung ihres Engagements hinsichtlich der Third Mission und somit auch des Wissenstransfers nutzen können.

Wir haben dargelegt, dass es wichtig ist, nicht nur auf die durchgeführten Aktivitäten oder die unmittelbaren Resultate zu schauen, sondern auch die Vorbedingungen und die Folgen zu berücksichtigen. Dies gilt gleichermaßen für Third Mission insgesamt als auch für Wissenstransfer im Speziellen.

Aus den dargestellten Ergebnissen lassen sich vier Handlungsempfehlungen für Hochschulen ableiten.

Empfehlung 1: Third Mission als Begriff zu Positionierung nutzen

Wir sind der Überzeugung, dass der Begriff Third Mission das Selbstverständnis der Hochschulen und Hochschulpolitik bereits nachhaltig verändert hat. Während die Formulierung „die Hochschulen fördern den Wissens- und Technologietransfer“ in §2 des Hochschulrahmengesetzes unverbindlich ist und etwa auf der gleichen Stufe wie Hochschulsport zu stehen scheint („Sie fördern in ihrem Bereich den Sport“), stellt der Begriff „Third Mission“ die wechselseitige Interaktion mit der Gesellschaft auf eine Stufe mit den anderen beiden Missionen Forschung und Lehre. Wichtig ist, Third Mission nicht auf Transfer zu reduzieren, sondern die ganze Breite der Third Mission zu berücksichtigen. Andernfalls würde es schwierig, die Dritte Mission als wirklich gleichwertig zu Lehre und Forschung zu sehen.

Einzelne Hochschulen nutzen diese Möglichkeit bereits. Sie sehen in Third Mission eine Möglichkeit sich zu positionieren. Schon 2015, als wir das Projekt FIFTH durchführten, sahen rund neun Prozent der 79 befragten Fachhochschulen Third Mission-Bereiche als Positionierungschance (Roesler et al., 2016, S. 9). Durch die „Innovative Hochschule“ und andere damit verknüpfte Förderungen wurde diese Möglichkeit in den vergangenen Jahren noch stärker vorangetrieben.

Auch einzelne Professorinnen und Professoren können für die Hochschulleitung mit Third Mission-Aktivitäten sichtbar werden: Eine von uns interviewte Professorin dankte uns nach dem Interview dafür, sie mit dem Begriff bekannt gemacht zu haben. Nun könne sie ihrer Hochschulleitung endlich erklären, was sie mache: nämlich Transfer in die Praxis durch Vorträge, gemeinsame Lehrforschungsprojekte und Beteiligung in Arbeitskreisen.

Empfehlung 2: Leistungen durch Indikatoren belegen

Um sich in einem Bereich zu profilieren, der auch für die Hochschule passend ist, muss bekannt sein, wo die hochschulischen Stärken liegen (Roesler et al., 2016). Mit dem FIFTH-Modell steht den Hochschulen ein Werkzeug zur Verfügung, diese Bereiche zu identifizieren und Erfolge nach außen sichtbar zu machen.

Hochschulleitungen tun gut daran, zumindest einen groben Überblick über den Umfang der Third Mission-Aktivitäten und -Resultate und optimalerweise auch der Folgen an ihrer Hochschule zu haben. Das kann für Profilierungsmaßnahmen hilfreich sein, aber auch bei der Bewerbung um Fördergelder, um die erreichten Leistungen zu belegen.

Nicht zuletzt fordert zudem das Hochschulrahmengesetz von den Hochschulen die Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Erfüllung ihrer Aufgaben (§2 HRG, Satz 8). Insofern sollten Hochschulen auch bezüglich der Erfüllung ihrer Dritten Mission auskunftsfähig sein.

Würde der Austausch zwischen Hochschulen und verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren besser belegt und kommuniziert, würde dies die gesellschaftliche Akzeptanz der Hochschulen noch weiter steigern.

Empfehlung 3: Ressourcen bereitstellen und Hemmnisse abbauen

Unsere Analyse der Hemmnisse und Fördermöglichkeiten für Third Mission hat gezeigt, dass die Faktoren ‚finanzielle bzw. zeitliche Ressourcen‘ wesentlich sind. Natürlich gibt es weitere förderliche Rahmenbedingungen, aber ohne entsprechende Mittel kann letztlich kein transferierbares Wissen produziert werden. An Hochschulen kann vor allem im Bereich der Vorbedingungen viel dafür getan werden, Third Mission – und hier insbesondere den Wissenstransfer – zu unterstützen.

Eine „Kultur des Ermöglichens“ bedeutet für die Hochschulmitglieder die Offenheit der Hochschulleitung gegenüber Third Mission- oder Wissenstransferaktivitäten. Strukturen wie Transferstellen, Wissenschaftskommunikationsbüros oder auch nur für Aufgaben jenseits der reinen Lehre und Forschung bereitgestellte administrative Kräfte würden helfen, bestehende Hemmnisse abzubauen.

Empfehlung 4: Die Krise als Chance nutzen

Die Covid-19 Pandemie machte deutlich: Wissenstransfer aus Hochschulen besitzt das Potential, die Welt zu verändern. Die Hochschulen finden im Wissenstransfer eine akzeptierte und von der Bevölkerung honorierte Begründung für ihre Tätigkeiten.

Wissenschaft und Hochschulen treten noch stärker als zuvor als Impulsgeber für die Gesellschaft auf und werden als solche wahrgenommen. Diese Chance sollte genutzt werden. Die Wissenschaft wird dringend für die Bewältigung globaler Herausforderungen gebraucht, wie sie beispielsweise in den 17 UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (United Nations, 2019) formuliert wurden.

Hochschulleitungen und Wissenschaftler*innen sollten sich nicht auf den Erfahrungen und Erfolgen ausruhen, die sie während der Pandemie gewonnen haben. Nach Ende der Pandemie werden die Zustimmungsquoten in der Bevölkerung wieder abnehmen. Die Gesellschaft wird sich wieder für andere Themen und andere Expert*innen interessieren. Dennoch werden die von der Öffentlichkeit formulierten Anforderung bestehen bleiben.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fällt es oft schwer über ihre Studienergebnisse und Erkenntnisse hinaus auch Handlungsoptionen und -notwendigkeiten zu formulieren und noch schwerer, sich auch um deren Umsetzung zu kümmern. Die Covid-19 Pandemie zeigte jedoch: Diese Rolle können und sollten sie verstärkt einnehmen.