CHE Stellungnahme für den Wissenschaftsausschuss im NRW-Landtag zum Thema Lehrkräftemangel | Foto: Pixabay

Im Rahmen einer Anhörung vor dem Schul- und Wissenschaftsausschuss des NRW-Landtags nahm das CHE am 9. Dezember in Düsseldorf Stellung zum Vorschlag der nordrhein-westfälischen CDU- und FDP-Fraktion zur Sicherstellung der Lehrkräfteversorgung. Das CHE sprach sich für weitergehende Flexibilisierung der Zugangswege ins Lehramt und langfristige, nachhaltige Maßnahmen der Lehrkräftegewinnung aus. 

Laut jüngster Prognosen der Kultusministerkonferenz werden die Schülerzahlen in Nordrhein-Westfalen bis zum Jahr 2030 in allen Schulformen steigen. Gleichzeitig müssen in den kommenden 20 Jahren fast 85 Prozent der Stellen im Schulbereich neu besetzt werden.

Vor diesem Hintergrund begrüßt das CHE Centrum für Hochschulentwicklung grundsätzlich den Antrag der Landtagsfraktionen von CDU und FDP „Lehrkräfteversorgung sicherstellen: Möglichkeiten der passgenauen Lehrerausbildung nutzen“. Dieser sieht u.a. einen Ausbau der Beratungsangebote, Optionen für einen schnelleren Berufseinstieg sowie die Möglichkeit von Ergänzungsstudiengängen vor. Allerdings dürften laut CHE diese Maßnahmen, wie etwa die angedachte Verkürzung des Vorbereitungsdienstes / Referendariates, nicht auf Kosten der Qualität der Lehrerbildung umgesetzt werden.

„Bei einem so verantwortungsvollen Jobprofil wie dem einer Lehrkraft geht es nicht darum, möglichst alle offenen Stellen irgendwie zu besetzen, sondern Quantität und Qualität im Blick zu haben“, mahnt Ulrich Müller an. Schulen bräuchten die „Richtigen“ als Lehrkräfte, also motivierte, fachlich fundierte, teamfähige, gestaltungswillige und kommunikative Menschen, so der Leiter politische Analysen beim CHE. Derzeit würden nicht unbedingt die Falschen Lehrer*in, aber viele Richtige nicht.

Entscheidend sei es, so das CHE, zusätzlich zur klassischen Lehramtsausbildung weitere gleichwertige Wege ins Lehramt zu schaffen. Ulrich Müller: „Es geht nicht darum, das traditionelle System der Lehrerbildung komplett zu ersetzen, wohl aber zu ergänzen. Derzeit gibt es an einigen Stellen Exit-Points, etwa die Möglichkeit des rein fachlichen Weiterstudiums nach dem Bachelor, aber kaum Entry-Points für Absolvent*innen affiner Fächer. Heutzutage sind Lebensläufe immer weniger linear, also brauchen wir während des Studiums und nach dem Studium auch nichtlineare Wege ins Lehramt.“ Gerade über den Quer- und Seiteneinstieg könnten, so das CHE, zur Lösung des Lehrkräftemangels weitere Zielgruppen erschlossen werden. Auch wenn die CDU bzw. FDP-Fraktionen darin „keine dauerhafte Lösung“ sehen, hat sich der Anteil der Seiteneinsteiger*innen an neuen Lehrkräften in Nordrhein-Westfalen seit 2014 vervierfacht.

Laut CHE bieten Personen ohne vorangegangenes Lehramtsstudium eine große Chance für das Schulsystem. Fachabsolvent*innen schulfachaffiner Studiengänge könnten für einen Einstieg in einen Lehramtsmasterstudiengang geworben werden. Begleitet von entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen hätten auch Seiteneinsteiger*innen, also Berufspraktiker*innen ohne Lehramtsausbildung, das Potenzial, dauerhaft zur Bewältigung des Lehrkräftemangels beizutragen.

Ulrich Müller spricht sich deshalb für neue entsprechende Weiterbildungsangebote aus: „Es gibt mehr als einen Weg zur voll ausgebildeten Lehrkraft. Das Land Nordrhein-Westfalen sollte Seiteneinsteiger*innen über berufsbegleitende Qualifizierung möglichst in Kooperation mit den Hochschulen eine verlässliche Perspektive für den Schuldienst bieten.“ Auch der Einstieg in einen Lehramts-Masterstudiengang sollte – wie in Baden-Württemberg umgesetzt – Fachabsolvent*innen ohne bisherigen Lehramtsbezug eröffnet werden, ggf. nach einem verpflichtendem Beratungsgespräch.

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Stellungnahme des CHE zur Lehrerbildung für den Schul- und Wissenschaftsausschuss des Landtages Nordrhein-Westfalen 9. Dezember 2020 860.03 KB 38628 downloads

Müller, Ulrich, Brinkmann, Bianca: Stellungnahme des CHE zur Drucksache 17/10850...

Ulrich Müller

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Assistenz:
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Arbeitsschwerpunkte:
Hochschulräte, Individuelle Studienfinanzierung / Studienkredite, Studienbeiträge, Student Services / Studentenwerke, Landeshochschulgesetze, Reformmonitoring, staatliche Steuerung

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